Nicole Heßberg ist eine junge Studentin an der TU Chemnitz und angehende Gründerin. Mit ihrer Idee kam sie vor einigen Wochen zu unseren GründungsberaterInnen. Diese waren nicht nur von ihrer Gründungsidee beeindruckt, sondern auch von Nicole als Person selbst sowie von ihrem Werdegang. Deshalb wollen wir hier ihren Weg zur Gründung erzählen, denn dieser zeigt, dass man mit viel eigener Initiative und Gestaltungswille den Schritt in die Selbstständigkeit wagen kann.
Nicole selbst beschreibt, dass sie in prekären Verhältnissen großgeworden ist. Die 24-Jährige wuchs mit einer alleinerziehenden Mutter und sechs Geschwistern auf. Da ihre Mutter sowohl körperlich als auch psychisch nicht in bester Gesundheit ist, musste sich Nicole bereits früh um sie kümmern. Auch in finanzieller Hinsicht war die Familie nicht gut aufgestellt. Doch gerade diese Verhältnisse haben zu Nicoles Werdegang beigetragen. Sie sei in vielerlei Hinsicht eine „Pionierin“ in ihrer Familie, zum einen durch ihr Abitur und Studium, zum anderen aktuell durch ihre Gründung. Dadurch, dass sie in ihrem familiären Umfeld keine Vorbilder hatte, konnte sie ihren eigenen Weg selbstständig und individuell gestalten. Unterstützung erhielt sie dennoch, beispielsweise durch eine Lehrerin, die ihr Potenzial gesehen hat und sie für ein Stipendium vorgeschlagen hat. Auch im späteren Studium (Bachelor Soziologie und Politikwissenschaft in Halle an der Saale und Master Digitale Arbeit an der TU Chemnitz) erhielt Nicole finanzielle Unterstützung in Form von Stipendien. Diese Unterstützung von außen sowie ihre eigene intrinsische Motivation ermöglichten es ihr, ihrer „natürlichen Neugier zu folgen“.
Die Gründung ist für Nicole eine weitere Möglichkeit, ihrer Passion zu folgen. Ihre Gründungsidee entstand, als Nicole ihrer besten Freundin ein „cooles und einzigartiges Geschenk machen“ wollte. Das Ergebnis war ein T-Shirt mit dem Foto eines eigens gemalten Aquarell-Bilds als Aufdruck. Bei der Bestellung des T-Shirts hat Nicole dann gleich mehrere Exemplare anfertigen lassen und diese an ihre Freunde verschenkt. Was eher zum Spaß gedacht war, entwickelte sich schnell zu einem Erfolg, denn „die Resonanz war fast schon überwältigend“. Nicoles Freunde waren begeistert von den T-Shirts und wurden teils sogar von Anderen auf diese angesprochen. So entstand die Gründungsidee eines Modelabels namens „muncs“. Der Name „ist eine Wortschöpfung aus den Anfangsbuchstaben der wichtigsten Menschen in [Nicoles] Leben“.
Von Anfang an hatte sie eine starke Vision davon, wie ihr Unternehmen aussehen soll: soziale Verantwortung und eine „Wirkungslogik“ im Sinne von aktiver Veränderung ist die Mission ihres Labels. Durch ihren eigenen Hintergrund ist ihr wichtig, nicht nur den Profit in den Vordergrund zu stellen, sondern auf Nachhaltigkeit zu setzen und faire Arbeitsbedingungen sowie Jobchancen für benachteiligte Gruppen wie Alleinerziehende, Geflüchtete oder Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Diese Gründungsidee vereine dabei verschiedene Skills von Nicole. So hatte sie in der Schule den Kunst Leistungskurs belegt und durch die Bestärkung ihres damaligen Lehrers angefangen, Kunst zu machen und über die Zeit einen eigenen Stil gefunden. Durch ihr Studium konnte sie sich anschließend Wissen und Fertigkeiten zu unternehmerisch relevanten Themen wie New Work und Social Media aneignen. Auch wenn Nicole ihr Leben lang eine „Einzelkämpferin“ war, bezeichnet sie ihre Gründungsidee als eine Art „Community-Projekt“. In ihrem Umfeld hat sie zahlreiche Menschen, die sie mit ihrer individuellen Expertise bei der Umsetzung ihrer Idee tatkräftig unterstützen. So hat Nicole beispielsweise eine modeinteressierte Freundin, mit welcher sie gemeinsam die Kollektionen entwickelt, eine Schwester mit Erfahrung in der Schneiderei, welche sie bei Fragen zu Materialien und Schnitten unterstützt, und einen Schwager, der im Bereich der Logistik gearbeitet hat und in dieser Hinsicht hilfreiche Tipps liefert.
Nicole hatte bereits früher über mögliche Gründungsideen nachgedacht und merkte schnell, dass ihre aktuelle Idee Potenzial hat. So kam sie kurz darauf schon ins Gespräch mit unseren GründungsberaterInnen von SAXEED. In ihrem Umfeld ist sie zwar schon mit einigen GründerInnen in Kontakt gekommen, wollte sich aber dennoch eine professionelle Meinung einholen. Die GründungsberaterInnen konnten ihr vor allem in Bezug auf die Finanzierung ihrer Idee weiterhelfen. Da Nicole keine Anteile ihres Unternehmens verkaufen will, stellt eine Crowdfunding-Kampagne für den Anfang die beste Art der Finanzierung ihrer ersten Kollektion dar. Die Kampagne ist nun für den 6. Oktober 2022 angesetzt.
Da Nicole noch studiert und ihre Masterarbeit aktuell ihr „fulltime-job“ ist, ist die tatsächliche Gründung ihres Unternehmens erst für Oktober geplant. Allerdings sind bereits zwei Kollektionen für Ende dieses Jahres und Frühjahr 2023 in Planung und sollen nach der Crowdfunding-Kampagne auf der dann erstellten Website online gehen. Abhängig davon, wie ihre Produkte ankommen, möchte Nicole als nächsten Schritt im kommenden Jahr ihre ersten MitarbeiterInnen anstellen, wobei sie einen Fokus auf Familien legt, denen sie mit der Anstellung „eine Perspektive geben kann“, wie sie selbst sagt.
Viele würden Nicoles aktuelle Situation mit Masterarbeit und gleichzeitiger Gründung als eine Herausforderung sehen. Sie selbst sagt, dass sie in ihrem Leben bereits so viele Herausforderungen und Probleme meistern musste, dass sie eine andere Perspektive einnehmen kann und sofort die Problemlösung in Angriff nimmt. Gleichzeitig gibt ihr der Glaube an ihre Idee sowie das zahlreiche positive Feedback das nötige Selbstvertrauen. Dadurch kann sie in einer solchen Situation entspannt bleiben. Insgesamt hat Nicole das Gefühl, dass sowohl ihr Lebensweg und ihre natürlichen Interessen und Talente, als auch die Menschen um sie herum sie auf diese Gründung vorbereitet haben, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Anderen (angehenden) GründerInnen würde sie mit auf den Weg geben, dass eine Idee, an die man glaubt und von der man überzeugt ist, es wert ist, sie auszuprobieren. Außerdem sei es immer hilfreich, sich Unterstützung zu holen, denn man könne und müsse auch nicht alles alleine machen. Nicole selbst fasst ihren Ratschlag an Gründungsinteressierte so zusammen: „mutig sein, nicht zu viel hinterfragen und einfach machen“.
Foto: Nicole Heßberg und Denise Litzrodt