MiViA ist ein Freiberger Start-up, welches Mikrostrukturanalysen von metallischen Werkstoffen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz durchführt. Dabei steht der Name MiViA für Micro Vision Analysis. Mit ihrer großen Datenbank aus Lichtmikroskopbildern verschiedener Werkstoffe trainieren sie ihre KI und können so das Material schnell und zuverlässig analysieren. Hinter dem Start-up steht unter anderem Miriam Corcoran, welche uns einige Einblicke in die Arbeit des Unternehmens geben konnte.
Gegründet wurde die MiViA GmbH von vier Alumni der TU Bergakademie Freiberg im September 2022. Heute besteht das Team aus dem Ideengeber und technischen Geschäftsleiter Dr.-Ing. Grzegorz Korpała, der kaufmännischen Geschäftsleiterin Miriam Corcoran und der Leiterin des Vertriebs Jessica Schneider. Das Produkt basiert auf der zehnjährigen Forschungsarbeit von Dr.-Ing. Grzegorz Korpała am Institut für Metallformung, wo auch die Idee entstanden ist, KI im Bereich Bildanalyse auf die Mikrostrukturanalyse von Metallwerkstoffen zu übertragen. Isabel Schulze vom Freiberger SAXEED Team wurde im Rahmen ihres Technologiescoutings an der TUBAF auf Korpałas Arbeit aufmerksam. So entstand kurz darauf im EXIST-Bootcamp das erste Businessmodell, welches die Grundlage für den EXIST-Förderantrag darstellte. In dieser Phase kam Miriam Corcoran dazu. Als Tochter einer Unternehmerfamilie hat sie schon früh mit dem Gedanken gespielt, irgendwann auch den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Nach ihrem BWL-Studium arbeitete sie zunächst in einem Großkonzern, wo ihr weiter bewusst wurde, dass sie gerne näher an den Entscheidungen sein möchte und selbst mitgestalten will. Seitdem hat sie sich intensiver mit dem Thema Gründung auseinandergesetzt. Allerdings fehlte ihr der Ausgangspunkt einer jeden Gründung: die zündende Idee. So beschreibt sie das Dilemma: „Dieser Hintergedanke [zu gründen] war immer da. Allerdings hat man zwar als BWLer das Handwerkszeug, um ein Unternehmen aufzubauen, aber meistens leider keine innovative Technologie.“ Als Gründungsinteressierte Alumni der TU Freiberg wandte sie sich deswegen an SAXEED und fand dort schließlich einen Partner mit einer vielversprechenden Technologie, dem wiederum das betriebswirtschaftliche Know-How fehlte. Vervollständigt wurde das Team durch Jessica Schneider, welche alle vertrieblichen Aufgaben übernimmt und mit ihrem werkstoffwissenschaftlichen Hintergrund Wirtschaft und Technologie verbinden kann.
Aktuell arbeitet das Start-up vorrangig an der Kundenakquise und der Validierung seines Systems mit Kundendaten für robustere Ergebnisse. „Zum jetzigen Zeitpunkt liegt unser Fokus darauf, den Product-Market-Fit zu finden“, sagt Miriam Corcoran. Zu ihren Kunden gehören Unternehmen, die Stahl oder andere metallische Produkte produzieren und/oder verarbeiten, beispielsweise Härtereien, Drahtzieher und die Automobilbranche. So gehört zu ihren Pilotkunden unter anderem der Automobilhersteller Volkswagen. Um neue Kunden zu gewinnen, muss das Unternehmen natürlich auch seine Sichtbarkeit erhöhen: „Mit Investoren sprechen, […] netzwerken, auf viele Veranstaltungen gehen und bei Wettbewerben teilnehmen“ gehöre ebenso zu den Aufgaben eines jungen Start-ups. Aktuell ist MiViA auch für den diesjährigen Sächsischen Transferpreis nominiert, welcher Gründungen ehrt, „die in besonderer Weise zum Gelingen eines Transferprozesses von der Wissenschaft in die Wirtschaft beigetragen haben und somit maßgeblich die Innovationskraft des sächsischen Mittelstandes stärken“, heißt es auf der Website der Innovationsplattform futureSAX. Vor Kurzem schloss das Team außerdem unseren 18-monatigen Frühphaseninkubator SAXEED-Masterclass mit dem Zertifikat „Investment Ready“ ab. Für die kommende Zeit plant das Start-up noch den Auszug aus dem Institut und den Abschluss des EXIST-Forschungstransfers.
Die Arbeit in einem Start-up kann Miriam Corcoran nur weiterempfehlen. Absolvent:innen, die motiviert sind, sich in ein neues Thema einzuarbeiten und Lust haben, etwas selbst mitzugestalten, sollten die Chance wahrnehmen in einem Start-up einzusteigen. „Gerade nach dem Studium hat man meistens noch nicht viel zu verlieren und die Lernkurve in einem Start-up ist gigantisch. Ich kann daher vor allem Absolvent:innen nur empfehlen, diese Chance zu nutzen. “ Auch die Gründungsszene als Arbeitsumfeld sei ganz anders als in einem Großkonzern: „Du bist umgeben von hochmotivierten Leuten, weil sie alle selbst eine Idee haben von der sie begeistert sind und die sie umsetzen wollen.“ Miriams letzter Rat für Menschen, die an Gründung interessiert sind aber noch keine konkrete Gründungsidee haben: Institutionen wie das Gründungsnetzwerk SAXEED nutzen, um sich mit anderen Gründungsinteressierten zu vernetzen. Der Vorteil einer solchen Teamfindung sei auch die Diversität im Team. So müsse man sich gerade in diversen Teams immer auch auf andere Denkweisen einlassen und seinen Standpunkt fundiert begründen. Das helfe dann, qualifiziertere Entscheidungen zu treffen. „Denn wenn alle gleich ticken, geht man eventuell gemeinsam mit Vollgas in die falsche Richtung“, begründet Miriam.