Alumni der Professur Produktionssysteme und -prozesse der TU Chemnitz wollen das Publikum im Rahmen der Preisverleihung des Wirtschaftspreises „Sachsens Unternehmer des Jahres“ von ihrem Innovationsgeist überzeugen.
Seit Herbst 2019 stehen die ehemaligen Uni-Mitarbeiter Markus Dittrich und Stefan Seidel mit ihrem Maschinenbau-Unternehmen, der Novajet GmbH, auf eigenen Füßen. Grundlage ihrer Geschäftsidee ist eine eigens entwickelte Präzisions-Wasserstrahlanlage zur Bearbeitung von Hochleistungswerkstoffen, wie technischen Keramiken, Hartmetall oder Faserverbundwerkstoffen. Dabei beschleunigt die Maschine ein Gemisch aus Wasser und Sand in einem präzisen Strahl auf über dreifache Schallgeschwindigkeit, mit dem man schneiden, bohren, gravieren, strukturieren und Schneidkanten präparieren kann. Mit diesem Konzept überzeugten die Forscher bereits beim „TUClab-Wettbewerb 2019“.
An der Technischen Universität Chemnitz wird schon seit mehr als 30 Jahren an der Wasserstrahltechnologie geforscht. Neu ist die Anwendung des Suspensionsstrahl-Verfahrens, das eine wesentlich höhere Präzision und Effizienz im Vergleich zum herkömmlichen Injektorstrahl-Verfahren ermöglicht. Höhere Schneidleistungen bei einem deutlich verringerten Strahldurchmesser sind besonders interessant für Automobilzulieferer, Maschinenbauer oder die Luftfahrtindustrie, die innovative, passgenaue Produkte aus schwer zu bearbeitenden Hochleistungswerkstoffen herstellen.
„Das Team von Novajet hat es geschafft, die bisher schwer händelbare Suspensionsstrahltechnologie für komplexe Bearbeitungsaufgaben durch innovative Anlagentechnik zu erschließen“, sagt Prof. Dr. Martin Dix, Inhaber der Professur Produktionssysteme und -prozesse und Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU. „Das Tolle daran ist nicht nur der Sprung in der Schneidleistung, sondern die deutlich verbesserte Effizienz des Verfahrens. So erlauben die geringeren Drücke deutlich geringere Stromverbräuche pro Schnittmeter und vor allem die direkte Wiederverwendung des abrasiven Schneidgutes im Anlagensystem. Der Kreislauf wird so direkt auf der Anlage ermöglicht und die bisher aufwendigen und eingeschränkten Aufbereitungs- und Trocknungsprozesse entfallen – ein entscheidender Punkt hin zur CO2-neutralen Produktion.“
Am 12. Mai 2023 möchte Markus Dittrich, Geschäftsführer der Novajet GmbH, in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden die große Bühne nutzen, um sein im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers aus der TU Chemnitz ausgegründetes Maschinenbauunternehmen zu präsentieren. „Was braucht ein junges Unternehmen außer einer innovativen, tragfähigen Idee und engagierten Mitstreitern? Sichtbarkeit – um neue Kunden zu gewinnen und langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, sagt Markus Dittrich über seine Motivation für die Teilnahme am Gründerwettbewerb. Der Preis „Sachsen gründet – Start-up 2023“ ist mit Medialeistungen für den Print- und Onlinebereich im Wert von 60.000 Euro dotiert.
Durch die Coronapandemie wurde der Start in die Selbständigkeit unerwartet erschwert. Ausgefallene Messen, gestrichene Netzwerkveranstaltungen und fehlende persönliche Kontakte mit potenziellen Kunden erschwerten die so dringend notwendige Sichtbarkeit der Novajet GmbH. Hinzu kam in der Folge aufgrund des Ukrainekriegs und der hohen Inflation eine Investitionszurückhaltung, die dem Gründerteam Kopfzerbrechen bereitete. „Anstelle der ursprünglich im Businessplan angepeilten Maschinenverkäufe haben wir auf die Lage am Markt reagiert und zunächst eher unsere Lohnfertigung ausgebaut“, berichtet Dittrich. „Inzwischen geht es wirtschaftlich bergauf und wir können organisch wachsen.“
Die weiterhin bestehende Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz betrachtet Dittrich als einen Erfolgsfaktor. „Derzeit forsche ich mit den Kollegen der Professur Produktionssysteme und -prozesse an der Überwachung und Regelung des Wasserstrahlschneidprozesses“, führt Dittrich aus und ergänzt: „Wir wollen den Prozess in den technologischen Grenzbereichen mit Hilfe einer plattformunabhängigen, smarten Auswerteelektronik verbessern.“ Das Projekt ist im März 2022 angelaufen und wird bis Mai 2024 im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Hintergrund: Gründerpreis „Sachsen gründet – Start-up 2023“
Der Sonderpreis „Sachsen gründet – Start-up 2023“ wird im Rahmen des Wirtschaftspreises „Sachsens Unternehmer des Jahres“ an die kompetentesten Gründerpersönlichkeiten vergeben, die mit einer innovativen Geschäftsidee und einem überzeugenden Businessplan ihr Wachstumspotenzial darstellen können. Eine Bewerbung ist bis 3. Februar 2023 möglich. Die Finalisten treten mit ihren Pitches im Rahmen der festlichen Preisverleihung am 12. Mai 2023 gegeneinander an. Das Publikum entscheidet, wer die Auszeichnung erhält. Der Wettbewerb ist eine Initiative mitteldeutscher Tageszeitungen, des MDR, der Volkswagen Sachsen GmbH, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Schneider + Partner, der LBBW und der AOK Plus.
Hintergrund: EXIST-Forschungstransfer
Mit dem Förderprogramm EXIST-Forschungstransfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) werden Gründungsteams an Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der Gründungsvorbereitung und Umsetzung technisch besonders risikoreicher und aufwändiger Entwicklungsarbeiten unterstützt. Ziel ist eine wachstumsorientierte Unternehmensgründung. Gefördert werden dabei in Phase I Personalausgaben für vier Teammitglieder, Sachausgaben in Höhe von 250.000 Euro sowie 10.000 Euro Coachingmittel. Der nächste Termin zum Einreichen von Förderanträgen ist der 31. Januar 2023. Interessierte können sich an den SAXEED-Gründerberater Michael Cherkaskyy michael.cherkaskyy@zwt.tu-chemnitz.de wenden.
Autorin & Bild: Katja Klöden